Johannes Barthelmes & Bardo Henning

J.B. Foto: P. Maurer

Mit dem Saxofonisten Johannes Barthelmes verbindet Bardo eine 10jährige fruchtbare Quartettvergangenheit – SWF Jazzpreis – und seit 1998 Duokonzerte – u.a. beim Jazzfest Berlin. Diesen Faden wollen sie in den kommenden Monaten weiterspinnen.

Der Saxophonist Johannes Barthelmes und der Pianist/Akkordeonist Michael Bardo Henning sind ein „Langzeitteam“. Jeder kennt den anderen haargenau und will dennoch mit ihm und an ihm immer wieder Neues, Unbekanntes entdecken und ausleben, denn verstaubte Routine macht jeden Dialog langweilig.

Ulf Drechsel für das JazzFest Berlin ´98 – Booklet

Hörprobe: „Kyria“, Livemitschnitt Jazzfest Berlin 1998

„Das musikalische Zwiegespräch gehört noch immer zum Spannendsten im Jazz. In gewisser Weise ist es die größere Offenbarung als eine Solodarbietung, die es ja durchaus erlaubt, sich selbst zu genügen. Das Duo läßt Verstellung und Vertuschung kaum zu. Jeder liefert sich dem anderen aus, läßt sich bewußt ein auf Miteinander oder Konfrontation. Beides kann aufregend und kreativ sein. Manche Duo-Begegnungen sind einmalig und beziehen aus eben diesem Umstand ihren besonderen Reiz. Andere haben den Status einer Instanz, können und müssen also mit dem Schatz gemeinsamer und individueller Erfahrungen schöpferisch umgehen, um nicht der Stagnation anheim zu fallen.

Der Saxophonist Johannes Barthelmes und der Pianist/Akkordeonist Michael Bardo Henning sind ein „Langzeitteam“. Jeder kennt den anderen haargenau und will dennoch mit ihm und an ihm immer wieder Neues, Unbekanntes entdecken und ausleben, denn verstaubte Routine macht jeden Dialog langweilig. Bereits 1980/81, als beide noch im österreichischen Graz studierten, gründeten Barthelmes und Bardo Henning die Band Serene, die, ohne ihre Inspirationsquellen wie Coltrane oder Monk zu leugnen, sehr schnell zu einer der eigenständigsten Bands in Deutschland reifte. Serene setzte aber vor allem wichtige Akzente in der Jazzszene der damaligen Inselstadt (West)Berlin, in die es die beiden aus Süddeutschland und Hessen stammenden Musiker bald verschlug. Die Band nahm einige Platten auf, gewann diverse nationale Jazzpreise und lief dennoch Gefahr, ohne künstlerischen Zugewinn sich selbst zu reproduzieren. Barthelmes und Bardo Henning zogen die Konsequenz, lösten die Band auf, entwickelten die Idee einer dem Workshopcharakter verpflichteten Großformation und es entstand das Experimenti Berlin Orchestra. Nachdem Barthelmes auch diesem Projekt den Rücken kehrte, wurde die in wechselnden Besetzungen spielende Big Band zum Instrument und Sprachrohr von Michael Bardo Henning (u.a. JazzFest Berlin 1992). Durch die Arbeit mit Experimenti zog sich Bardo Henning zunehmend als Klubspieler von der Szene zurück und profilierte sich mit wachsendem Lustgewinn immer stärker als Komponist. Dabei steht sein Name seit einiger Zeit vor allem im Zusammenhang mit Theater- und Ballettproduktionen. Seine jüngste vom Land Niedersachsen in Auftrag gegebene Arbeit, die Komposition eines Stückes für den offiziellen Staatsakt zum „Tag der Deutschen Einheit“ 1998, fand bereits im Vorfeld erhebliches Medienecho. Zeitungs- und Fernsehredaktionen standen Schlange. Leider nicht, weil sich die deutsche Medienwelt plötzlich für den Komponisten Bardo Henning interessiert hätte oder (verdientermaßen) sein künstlerisches Credo würdigen wollte. Nein, Bardo Henning war lediglich Aufhänger für eine vom Wahlkampf dominierte, parteipolitische Auseinandersetzung. Grund: Er hatte in seiner Komposition einige Noten der DDR-Nationalhymne zitiert. Peinlich und noch immer bezeichnend für den gesellschaftlichen Stellenwert von Kunst im allgemeinen und zeitgenössischer Musik im besonderen hierzulande.

Johannes Barthelmes leitet seit Anfang der 90er Jahre eigene Bands, spielt als Solist oder in Duos, z.B. mit dem Pianisten Uli Lenz, mit dem er u.a. die hochgelobten CDs „Konzert der verlorenen Söhne“ und „Trane’s Tree“ einspielte. Für letztere erhielt Barthelmes ebenso wie für seine aktuelle Produktion „For Her“ den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Der CD-Titel „Trane´s Tree“ verweist ganz bewußt auf den Coltrane-Einfluß, den Johannes Barthelmes nie zu kaschieren versucht. Johannes Barthelmes spielt gleichermaßen expressiv wie lyrisch verhalten und ist in den letzten Jahren vor allem zu einem begnadeten Balladen-Spieler (und -Komponisten) gereift, was ihm in der deutschen aber auch nach einer kürzlich absolvierten Südostasientour in der dortigen Presse großes Lob einbrachte. Als „akustisches Ohrenwunder“ wurde da sein „großer, voller Sound“ gefeiert und schließlich wurde Barthelmes gar attestiert, „einer der vollendetsten Musiker Europas“ geworden zu sein. Auch wenn Bardo Henning und Barthelmes in den letzten Jahren recht eigene Wege gingen, suchen sie doch immer wieder die gegenseitige Nähe. Aus guten Gründen: „Bardo Henning spielt wie nur wenige deutsche Musiker sich selbst. Sein Spiel ist warmherzig, sensibel und kraftvoll zugleich, sehr persönlich eben. Und dann kann er komponieren…“, sagt Barthelmes über Bardo Henning. Und der über Barthelmes: „…sein kraftvoll warmer Ton und seine hervorragende Stimmung machen auch nach 18 Jahren gemeinsamen Musizierens jede Begegnung zu einem tollen musikalischen Erlebnis.“

Ulf Drechsel für das JazzFest Berlin ´98 – Booklet: